01.04.2023

Skarabäus

Der Skarabäus, ein in vielen Arten in Ägypten lebender Mistkäfer, ist eine Erscheinungsform des Sonnengottes und wurde als Symbol für die Überwindung des Todes, für Auferstehung und Wiedergeburt zu einem der beliebtesten Amulette sowohl im Alltagsleben als auch für das Jenseits. Die Gleichsetzung mit dem Sonnengott beruht auf der Beobachtung des Tieres in der Natur und einem daraus folgenden Missverständnis: Der Käfer formt aus Dung eine Kugel („Pillendreher“), die er mit seinen Hinterbeinen wegrollt und in einem Erdloch versenkt. Diesen Vorgang assoziierte der Ägypter mit dem Lauf der Sonne und schuf das Bild des Sonnengottes, der in Gestalt eines Skarabäus die Sonnenkugel über den Himmel rollt: Jeden Morgen wird die Sonne neu geboren und steigt aus der Unterwelt auf, so wie der junge Käfer scheinbar aus dem Nichts entstanden aus der Erde krabbelt. Für den Ägypter war so der Skarabäus ohne Zeugung aus sich selbst entstanden – und damit eine Analogie zum Wesen des Sonnengottes, der jeden Abend in der Dunkelheit verschwindet, um am nächsten Morgen verjüngt wieder aufzugehen. In einem Wortspiel waren die Bezeichnung des Skarabäus und der Name des jugendlichen Sonnengottes identisch, beide lauten Cheper, was „werden, entstehen“ bedeutet.

Ober und Unterseite eines graubraunen Skarabäus© SMÄK, Marianne Franke

Kleinformatige Skarabäen wurden als Siegel, Schmuck und Amulett getragen, wobei diese Funktionen ineinander übergehen. Während die Oberseite immer die Gestalt des Käfers zeigt, kann die Unterseite verschieden gestaltet sein: realistisch mit Bauch und Beinen des Tieres oder in Form einer glatten Platte, die eine Inschrift tragen kann. Skarabäen mit Inschrift sind meist aus Steatit, einem sehr weichen Stein, gefertigt.

Zeichnung einer Unterseite eines Skarabäus mit Spiralen und Hieroglyphen© SMÄK

Die Produktion von Skarabäen, seit der späten 1. Zwischenzeit belegt, erlebt rund 400 Jahre später, in der 2. Zwischenzeit, der Epoche der vorderasiatischen Hyksos, eine große Zunahme: Aus keiner anderen Zeit ist eine solche Fülle an Skarabäen überliefert. Nun werden nicht nur in Ägypten, sondern auch in Vorderasien, also dem syrisch-palästinischen Raum,  große Mengen an Skarabäen hergestellt. Sie galten auch dort als wirksame Amulette und zeigen häufig die sogenannte „anra“-Gruppe, die aus einigen schmalen, querliegenden Hieroglyphen besteht. Diese sind zwar ägyptischen Ursprungs, aber nicht als Wort lesbar und haben auch keine symbolische Bedeutung. offenbar vermochte die Verwendung einiger ägyptischer Hieroglyphen die Wirksamkeit der Amulette zu steigern.

Die Spirale als Ornament findet sich in Ägypten seit der 1. Zwischenzeit, vermutlich aus dem Mittelmeerraum angeregt. Sie findet sich einzeln, als Doppelspirale oder als umlaufendes Band. Hier umschließen einzelne und aneinandergesetzte Spiralen das Mittelmotiv der „anra“-Gruppe. Vielleicht ist die Spirale auch ein Symbol der Erneuerung des Lebens und hätte damit eine der Lotosblüte vergleichbare Bedeutung.

Steatit
H. 0,8 cm, Br. 1,1 cm, L. 1,4 cm
Fayum
Zweite Zwischenzeit, 1750-1650 v. Chr.
ÄS 3438
(ausgestellt im Raum „Fünf Jahrtausende“)