01.02.2022

Kriegerischer Bes

Der Gott Bes gehört zum Gefolge der Liebesgöttin Hathor, in deren Kult Musik und Wein eine Rolle spielen, daher wird er oft tanzend und musizierend dargestellt. Er ist zuständig für den Schutz von Zeugung und Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett und ist daher oft auf Gegenständen aus dem weiblichen Umfeld dargestellt (Kosmetikgefäße, Spiegel, Kleinmöbel). Amulette in seiner Gestalt wurden in großer Zahl von Müttern und Kindern getragen. Auf seine ursprüngliche Herkunft aus dem Inneren Afrikas verweisen verschiedene Elemente seiner Darstellung: die Kleinwüchsigkeit, ein Kopfputz aus Straußenfedern, ein umgehängtes Leopardenfell sowie eine zum Vollbart stilisierte Löwenmähne.

In der Spätzeit wird der heitere Aspekt des Bes mehr und mehr zurückgedrängt zugunsten seiner Unheil abwehrenden Wirksamkeit: Er packt mit beiden Händen Schlangen und trampelt auf Krokodilen, die er damit vernichtet. Mit Flügelarmen und angesetztem Vogelleib wird er zu einer allumfassenden pantheistischen Gottheit, die alles Böse vernichtet. Hinzu kommt ein kriegerischer Aspekt, worauf ein Schwert hindeutet, das er nun oft mit der erhobenen rechten Hand schwingt.

Statuette aus Ton. Der Gott Bes hält in der einen Hand ein Schwert in der anderen einen knienden Feind© SMÄK, Marianne Franke

In der Kaiserzeit schließlich kann Bes sogar die Rüstung eines römischen Soldaten tragen – wie auch andere ägyptische Götter, etwa Horus und Anubis. Die in ihrer Darstellung bislang einmalige Terrakotta-Figur zeigt ihn mit einem bärtigen, nackten Barbaren, den er am Schopf packt und niederdrückt. Von der Bildidee der feindvernichtenden Szenen der pharaonischen Zeit bestimmt, greift die kleine Figurengruppe noch einen zweiten Darstellungstypus auf: Das gesenkte Schwert in der rechten Hand findet sich in der Ikonographie von Schlachtungsszenen in Opferritualen – der Feind wird als Opfertier aufgefasst. In dieser Figur der populären Schutzgottheit Bes tragen so mehrere Elemente zur Steigerung seiner magischen Wirksamkeit bei: sein groteskes Äußeres, eine durch die Waffe angedeutete Aggressivität sowie die Vernichtung des Bösen in Gestalt des unterworfenen Barbaren.

Terrakotta mit Resten von Bemalung
H. 10, cm, Br. 7,4 cm, T. 3,5 cm
Römische Kaiserzeit, 3./.4 Jhdt. n.Chr.
München ÄS 2967
(Ausgestellt im Raum „Nach den Pharaonen“)