06.07.2023

Igelpaar

Zwei kopulierende Igel aus baugrüner Faycence© SMÄK, Marianne Franke

Die einzigartige Darstellung zeigt zwei Igel bei der Paarung: Auf einer ovalen Basisplatte liegt das Weibchen geduckt am Boden und wird von einem etwas größeren Männchen bestiegen. Im Gegensatz zu vielen anderen Igeldarstellungen sind die Körper der Tiere sehr schlank geformt. Schnauze, Augen, Ohren und die Gliedmaße sind detailliert gestaltet, die Stacheln durch Punzung der Körperoberfläche angegeben. Die Datierung in die Spätzeit ergibt sich aus der Farbe der Fayence.

Darstellungen von Igeln gibt es im Flachbild seit der Vorgeschichte, sie werden unter den Tieren der Wüste in den Reliefs königlicher Totentempel und in den Malereien der Privatgräber vom Alten Reich bis zur Spätzeit dargestellt. Seit der Vorgeschichte (ca. ab 3500 v. Chr.) sind auch rundplastische Darstellungen, also kleine Figuren und Amulette, bekannt. Bei den Skarabäus-Amuletten kann der Igel den Käfer ersetzen, sie werden trotzdem als „Skaraboide (in Igelgestalt)“ bezeichnet. Der rundliche Körperbau des Igels legte es nahe, ihn für figürliche Gefäße zu verwenden, aus Ton und Fayence, Stein und Bronze. Eine besondere Gruppe bilden die Aryballoi in Igelgestalt, die im 6. Jahrhundert v. Chr. im ganzen Mittelmeerraum verbreitet waren. Bei diesen Gefäßen sitzt auf dem Rücken des Tieres ein schlanker (Gefäß-)Hals mit deutlich abgesetztem Rand, sie wurden zur Aufbewahrung von Kosmetika verwendet.

Der Igel galt wegen seiner weitgehenden Resistenz gegen natürliche Gifte als magischer Schutz und wurde gern im Haus gehalten, um Schlangen, Mäuse und Ungeziefer zu vertilgen. Durch Analogiezauber half er gegen Haarausfall und wird in medizinischen Texten erwähnt. Der Igel hatte daher eine apotropäische, unheilabwehrende Bedeutung und taucht auch im  Umfeld des Gottes Bes und damit im Bereich von Zeugung und Schwangerschaft auf:  Amulette in Gestalt eines Igels wurden bei der Geburt getragen.

Antike Autoren wie Aristoteles und Plutarch erwähnen seine Fähigkeit, die Änderung der Windrichtung vorherzusehen und sich entsprechend gegen den Wind auszurichten, Möglicherweise zeigen ägyptische Schiffe im Flachbild und an Modellen deshalb oft einen Igelkopf als Bugzier. Da der Igel in der Abend- und Morgendämmerung aktiv ist, verhält er sich antizyklisch zum Sonnengott und wird zum Symbol von Regeneration und Wiedergeburt. Deren Farbe ist das Türkis, das Blau-Grün – und dies ist die Farbe der Igel aus Fayence seit dem Mittleren Reich. Dazu passt das Motiv der sich paarenden Igel.

Fayence
L. 5 cm, H. 2,6 cm
Spätzeit, um 600 v. Chr.
Inventarnummer ÄS 6054
(Ausgestellt im Raum „Kunst-Handwerk“)