01.10.2023

Weinselig

Gefäß in Gestalt des Gottes Bes

Vase in Gestalt des Gottes Bes© SMÄK

Das großformatige Gefäß zeigt den Gott Bes, der mit seiner Zwergengestalt ursprünglich wohl aus dem Inneren Afrikas stammt und über den antiken Sudan und Nubien nach Ägypten gelangt ist. Er ist ein Mischwesen mit menschlichen und tierischen Zügen. Ohren und Augen, die platte Nase, Stirnwülste sowie der Mund mit herausgestreckter Zunge sind plastisch geformt, die Tiermähne, der Bart und die Arme sind lediglich kursorisch aufgemalt. Auf dem Kopf trägt Bes üblicherweise einen Federschmuck, der hier funktional zu einem hohen Aufsatz als Gefäßmündung und Ausguss umgeformt wurde. Das kräftige Hellblau der Malerei ist typisch für die späte 18./frühe 19. Dynastie (um 1360-1250 v. Chr.).

Anders als im antiken Griechenland spielen dekorierte oder gar figürliche Gefäße im alten Ägypten kaum eine Rolle, sieht man von der Epoche der Vorgeschichte (4. Jahrtausend v. Chr.) ab. Lediglich in einem relativ kurzen Zeitraum, als Ägypten in der Mitte des Neuen Reiches auf dem Höhepunkt seiner Macht im östlichen Mittelmeerraum steht (ca. 1450-1220 v. Chr.), ändert sich dies. Dabei mögen ausländische Kontakte, vor allem zu Kreta, durchaus eine Rolle gespielt haben.

Bes ist der Schutzgott von Mutter und Kind, er wacht über Zeugung und Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett. Seine Darstellung ist daher häufig auf Gegenständen aus dem häuslich-familiären Umfeld wie Betten und Kopfstützen, Stühlen und Schemeln zu finden. Gefäße zur Aufbewahrung kosmetischer Produkte wie Augenschminke, Salben und Öle zeigen oft seine Gestalt. Denn sein groteskes Aussehen hat apotropäische Wirkung, es soll Unheil und böse Kräfte abwehren. Amulette in Form dieser populären Schutzgottheit sind daher in großer Zahl überliefert.

Darüberhinaus gehört Bes zum Gefolge der Himmelsgöttin Hathor, die auch die Göttin der Schönheit und Liebe ist. In ihrem Kult spielt Musik und Trunkenheit eine Rolle, in diesem Kontext kann Bes auch tanzend und musizierend auftreten.

Im Mythos der Himmelskuh Hathor wird die Göttin mit Bier besänftigt, und bei der Rückkehr der Göttin aus der Ferne werden in den Tempeln Feste mit Wein gefeiert. So erklärt sich, dass diese beiden Gottheiten in figürlichen Gefäßen dargestellt werden können, die zum Mischen von Wein mit Wasser bestimmt waren – daher die große Gefäßmündung. Nur wenige Exemplare sind überliefert, das Münchner Gefäß gehört mit einem Stück in Berlin zu den einzig beiden bislang bekannten vollständigen Beispielen dieser Gattung.

Ton, bemalt
H. 62,5 cm, Dm. 45 cm
Neues Reich, 18./19. Dynastie, 1360-1250 v. Chr.
ÄS 7145
(Ausgestellt im Raum „Fünf Jahrtausende“)