01.08.2025

Tempel-Töne

Menit des Harsiese

Menit des Harsiese, Relief auf einer ovalen Kupferscheibe, eine löwenköpfige Göttin sitzt vor einem stehenden nackten Jungen© Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung, Foto: Sandra Steiß

Ein geheimnisvoller Klang, ein deutliches Rasseln – so erklang einst das Menit in den Tempeln Ägyptens. Doch dieses besondere Stück ist weit mehr als nur der dekorative Teil eines Rasselinstruments. Es ist ein Symbol der göttlichen Ordnung und der königlichen Macht. Ein Menit bestand aus einem prächtigen schweren Halsschmuck mit mehreren Perlenketten und einem Gegengewicht auf dem Rücken. Es diente nicht nur als Schmuckstück, sondern gleichzeitig auch als Kultgegenstand. Bei Zeremonien konnte das Menit in der Hand getragen und als Rassel verwendet werden. Die Perlenketten erzeugten bei Bewegung einen Klang, der die Götter besänftigen und ihre Gunst gewinnen sollte. Besonders eng verbunden war das Menit mit den Göttinnen Hathor, Bastet und Sachmet – mächtigen Töchtern des Sonnengottes Re, die sowohl Schutz als auch Zerstörung verkörpern konnten.

Die Darstellungen im Bildfeld des Menits erzählen eine beeindruckende Geschichte. Im Zentrum thront die Löwengöttin Sachmet. Sie trägt eine Sonnenscheibe auf dem Kopf, von einer Schlange umrundet, und hält das Lebenszeichen Anch und einen Papyrusstengel in den Händen.

Doch die Hieroglypheninschrift enthüllt noch mehr: Sachmet wird hier mit den Göttinnen Mut und Bastet verglichen, wodurch sich ihre vielschichtige Natur offenbart. Vor ihr steht ein Knabe – nackt und mit seitlich am Kopf sitzender Jugendlocke, aber voller königlicher Würde. In seinen Händen hält er selbst die rituellen Instrumente Menit und Sistrum. Besonders auffällig: die Uräusschlange an seiner Stirn – ein Symbol königlicher Legitimation. Dieser Junge ist kein Geringerer als Harsiese, ein Priesterkönig der 22. Dynastie.

Harsiese regierte in Oberägypten, während in Unterägypten eine libysche Dynastie herrschte. In der Darstellung zeigt Harsiese sich als Horusknabe, göttlicher Erbe des Osiris, und unterstreicht seinen rechtmäßigen Anspruch auf den Thron von ganz Ägypten. Die Symbole um ihn herum verstärken diese Botschaft: Wadjet, die Schlangengöttin des Nordens, und Nechbet, die Geiergöttin des Südens, wachen über die Szene. Sie thronen auf ihren jeweiligen Wappenpflanzen Papyrus und Lotus. Unter der Szene wird die Vereinigung der beiden Reichsteile durch das Zusammenbinden dieser Wappenpflanzen eindrucksvoll ins Bild gesetzt. Die daneben gezeigten Vögel symbolisieren das Volk Ägyptens.

Doch nicht nur die Symbolik beeindruckt – auch die Technik fasziniert. Die kunstvollen Einlagen aus Gold, Silber und Kupfer, in Tauschierungstechnik ausgeführt, setzen sich plastisch von der dunklen Patina des Untergrunds ab und demonstrieren meisterhafte Handwerkskunst. Einst funkelte das Menit im Schein der Tempelfackeln, während das Rasseln in den heiligen Hallen erklang. Ein Echo aus einer fernen Welt, das uns noch heute staunen lässt.

Teil eines Menit von Harsiese, Hoherpriester des Amun von Theben
Theben, 3. Zwischenzeit, 22. Dynastie, um 870 v. Chr.
hmtj km mit Gold-, Silber-, Kupfereinlagen
Ägyptisches Museum Berlin, ÄM 23733

Noch bis 14.9.2025 zu sehen in der Sonderausstellung Corinthium Aes.