01.05.2006

Restaurierungsprojekt „Assyrische Flachreliefs“

In diesen Tagen haben in der Eingangshalle des Ägyptischen Museums in der Münchner Residenz die Vorarbeiten für ein Restaurierungsprojekt begonnen, das bereits mit dem Umzug in den geplanten Neubau in Verbindung steht.

Die sieben heute im Vierschäftesaal der Münchner Residenz ausgestellten Reliefs stammen aus der Zeit des assyrischen Königs Assurnasirpal II. (883-859 v. Chr.). Sie stammen aus dem Nordwestpalast in Kalhu (Nimrud), dem biblischen „Ninive“ und dienten als Wandverkleidung der aus Lehmziegeln errichteten Innenräume. Dargestellt sind Genien, mächtige Geister, die den Palast beschützen und Kulthandlungen vollziehen.

Der Keilschrifttext, der sich in halber Höhe der Platten über die einst farbig gefassten Reliefs hinwegzieht, nimmt kaum Rücksicht auf deren plastische Gestaltung. Es handelt sich um immer dieselbe Standardinschrift, die neben Namen und Titeln des Königs einen kurzen Bericht über seine Besitzungen und Eroberungen sowie über den Wiederaufbau der Stadt und des Palastes in Nimrud enthält.

Die Reliefs wurden Mitte des 19.Jhs. ausgegraben und gelangten über London nach München: 1863 waren sie im Auftrag von Ludwig I. für seine Glyptothek erworben worden, wo sie bis zum 2. Weltkrieg ausgestellt waren. 1970 wurden sie dann im Zuge der erstmaligen Eröffnung des Ägyptischen Museums an ihrem heutigen Ort montiert. Seinerzeit waren die Voraussetzungen andere als heute: Das Museum hatte einen Bruchteil der heutigen Besucherzahlen, der über den Museumsräumen liegende Kaisersaal war nach dem Krieg noch nicht wieder restauriert. Durch die heutige nahezu tägliche Benutzung des Kaisersaals für Veranstaltungen (z.B. Empfänge der Staatskanzlei, Vermietungen durch die Schlösserverwaltung) sind die Türen oft stundenlang geöffnet, was besonders bei Kälte und Nässe überaus ungünstige klimatische Bedingungen für die wertvollen Reliefs schafft, die außerdem mechanischen Beschädigungen ausgesetzt sind.

Bei den laufenden Untersuchungen werden die Reliefs genau vermessen und die Schäden und Spuren von früheren Bearbeitungen, Umarbeitungen und Restaurierungen sorgfältig kartiert. Besonderes Augenmerk gilt der ehemaligen Bemalung: Bei genauerer Untersuchung lassen sich nämlich Farbreste in den Gewandfalten, bei den Gliedmaßen (z.B. an den Zehennägeln) sowie in den Texten beobachten.

Die Darstellungen sind sehr flach mit durchschnittlich nur 1 cm Reliefhöhe aus dem sog. Mossul-Alabaster gemeißelt. Erst die entsprechende Beleuchtung im Streiflicht zeigt, wie plastisch und differenziert die Oberflächen trotzdem gestaltet sind. Die Platten sind bis zu 2,40 m hoch und 1,50 m breit und wiegen bis zu 1000 kg. Früher waren sie noch schwerer, weil sie teilweise – aus Gründen der Gewichtsersparnis für den Transport – rückwärtig abgearbeitet wurden.

Die laufenden Untersuchungen dienen der Vorbereitung der einen längeren Zeitraum in Anspruch nehmenden Restaurierung der Reliefs, die im Hinblick auf die aktuelle Gefährdung der Stücke einerseits und den geplanten Neubau des Museums andererseits möglichst bald erfolgen soll: Die Abnahme der Reliefs ist für den kommenden Herbst geplant, sie werden nicht mehr an ihren derzeitigen Standort zurückkehren. Nach ihrer Restaurierung werden sie dann im neuen Museum ihrer Bedeutung und ihrem Wert entsprechend präsentiert werden.

Restaurierungsarbeiten an den Reliefs