01.09.2025

Priester in Aktion

Die Statuette des Chonsumeh

Bronzestatue eines stehenden, kahlköpfigen Mannes, der eine Statue des Osiris vor sich hält© Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung, Foto: Sandra Steiß

Ein altägyptischer Tempelraum. Der Duft von Räucherwerk erfüllt die Luft. Das Flackern der Öllampen wirft Schatten auf kunstvoll verzierte Statuen. Eine dieser Statuen zeigt Chonsumeh, einen hohen Priester und seinen Titeln nach „Gottesvater des Chons“ aus der 22. Dynastie, gefertigt vor fast 3000 Jahren. Sein kahler Kopf, Zeichen seiner priesterlichen Weihe, reich verzierte Gewandung, Schmuck, würdevolle Sandalen – sie erzählen von seiner hohen Stellung. Am beeindruckendsten ist sein kunstvoll gefalteter und vorne in einer Schlaufe verknoteter Schurz mit nach vorne ausgestelltem Mittelteil, auf dem eine kleine Figur des Osiris ruht. 

Schauen Sie genau hin: Seine Hände sind nach innen gewandt, als ob er die Statue sanft umschließen wollte, doch er berührt sie nicht. Ein Balanceakt zwischen Gebet und Theophorie – der heiligen Aufgabe, eine Götterfigur zu tragen und darzubringen. Die Beischrift in Hieroglyphen bittet den mumiengestaltigen Osiris, Herrscher der Unterwelt, um ein göttliches Opfer und dadurch um die Absicherung der Jenseitsexistenz des Priesters. Das silbern schimmernde Amulett auf der Brust von Chonsumeh zeigt den falkenköpfigen Mondgott Chons, seinen göttlichen Schutzpatron.

An beiden Seiten der Figur finden sich leicht erhabene Reliefdarstellungen eines Priesters in Aktion: Es ist beide Male derselbe Priester, inschriftlich als Pa-scheri-(en)-Iset benannt, vermutlich ein Familienangehöriger des Chonsumeh. Einmal hält er einen Räucherarm in seiner Hand, das andere Mal bringt er in zwei kugeligen Gefäßen Salben dar – ein Abbild der täglichen Tempelrituale, die in Gegenwart der Götter stattfanden und gleichzeitig auch als Opferung für Chonsumeh selbst gedeutet werden können.

Auf dessen Rücken ist in einem rechteckigen Bildfeld unter einer Himmelshieroglyphe die Götterfamilie Osiris, Isis und Horus verewigt. Auf den Ärmeln des dünnen Hemdes – zu erkennen an den weiten Ärmelenden an den Oberarmen – sieht man rechts den menschengestaltigen Amun-Re mit Doppelfederkrone und links den ithyphallischen Amun-Min von Luxor. Die feinen Gravuren leuchten kontrastreich auf der dunklen Bronze. Das Material hat einen eher geringen Kupferanteil, während der Gehalt an Zinn, Blei und Eisen relativ hoch ist. Der Arsenanteil liegt im charakteristischen Durchschnitt für antike Schwarzes-Kupfer-Legierungen. 

Diese Statue, ein Meisterwerk altägyptischer Metallkunst, war weit mehr als nur ein Abbild. Sie ermöglichte Chonsumeh, auch nach seinem Tod an den heiligen Opferzeremonien im Tempel teilzunehmen, und sicherte so seine Versorgung und Kultteilnahme für sein jenseitiges Weiterleben. Sie ist ein zeitloser Mittler zwischen Mensch und Gott, zwischen Diesseits und Jenseits und für uns ein Fenster in die religiöse Vorstellungswelt des alten Ägypten.

Ägypten, 3. Zwischenzeit, 22. Dynastie, 946–736 v. Chr.
hmtj km mit Elektron- und Silbertauschierung
Ägyptisches Museum Berlin, ÄM 23732

Noch bis 14.9.2025 zu sehen in der Sonderausstellung Corinthium Aes.