01.05.2011

Objekt des Monats Mai ’11: Stele der Königin Amanishakheto

Diese Göttin ist auch in den Reliefs des Löwentempels von Naga dargestellt.

Unter den seitlich weit herabhängenden Flügeln der Sonnenscheibe, die das Halbrund des oberen Stelenabschlusse füllen, stehen zwei Frauenfiguren einander gegenüber. Die rechte ist durch eine Inschrift in meroitischen Hieroglyphen über ihrer Stirn als die Königin Amanishaketho bezeichnet, deren Körperfülle einem afrikanischen Schönheitsideal entspricht. Sie wird von einer schlankeren Frau umarmt, die durch ihren Kopfputz – ein Falkenpaar in einer Mondsichel – als Göttin ausgewiesen ist. Diese Göttin ist auch in den Reliefs des Löwentempels von Naga dargestellt, dort ist die Beischrift nicht lesbar. Erst diese Stele liefert am linken Rand ihren Namen: Amesemi, eine meroitische Göttin, die in Ägypten nicht belegt ist. Sie ist die Gemahlin des meroitischen  Löwengottes Apedemak.

Amesemi fasst mit ihrer Rechten die Königin am Ellbogen, legt den linken Arm um ihre Schulter und umfasst ihren Nacken mit der Hand. Aus dem Zeigefinger dieser Hand entspringt eine Reihe kleiner Punkte, die über den Scheitel der Amanishakheto bis zu ihrer Stirn laufen, vermutlich eine Darstellung des aus der göttlichen Hand fließenden, die Königin umhüllenden Schutzes. Ebenso originell ist das Motiv der Kette von Lebenszeichen, die die Nasen beider Frauen verbindet: Göttlicher Lebenshauch strömt von Amesemi zu Amanishakheto. Beide Motive zeigen die Eigenständigkeit der meroitischen Ikonographie.