01.07.2015

Objekt des Monats – Die Sitzfigur des Cheti

Die männliche Figur thront auf einem würfelförmigen Sitz, der auf einer dreiseitig überstehenden Basisplatte ruht. Die üppige Strähnenperücke endet auf den Schultern, der Schurz reicht bis zu den Knöcheln und läuft zwischen den Füßen in einem kleinen Zipfel aus. Eine senkrechte Inschriftzeile läuft entlang seines Überschlages, dem Verlauf des Stoffes folgend, leicht asymmetrisch über die gesamte Länge des Schurzes. Hier und in zwei weiteren Zeilen am Thron und auf der Basisplatte sind Name und Titel des Dargestellten zu finden: Es handelt sich um Cheti, Hohepriester der Göttin Hathor, Herrin von Tepehu (modern Atfih), der Hauptstadt des 22. oberägyptischen Gaues. Cheti trägt Sandalen, was bei nichtköniglichen Statuen sehr selten ist und als Hinweis auf seine hohe Stellung verstanden werden kann. 

Stilistisch knüpft die Statue an die Privatplastik des späten Mittleren Reiches an. Charakteristisch für diese Epoche war das Altersbildnis, das sowohl in der Körperbildung – Erschlaffung des Körpers durch Angabe von Wülsten am Oberkörper – als auch im Gesicht durch Falten und eingefallene Wangen seinen Ausdruck fand. Diese Merkmale – die Falten auf der Stirn, die eingefurchten Nasiolabalfalten und die Wülste unterhalb der Brüste – sind hier jedoch zum Motiv erstarrt. Die verschobenen Proportionen eines im Verhältnis viel zu kurzen Oberkörpers erwecken den Eindruck einer in sich zusammengesunkenen Figur im Widerspruch zur aufrechten Körperhaltung. 

All dies ist typisch für die Zweite Zwischenzeit (ca. 1750-1550 v. Chr.) zwischen Mittlerem und Neuem Reich. In keiner anderen Epoche der 3000-jährigen ägyptischen Geschichte wurden weniger Kunstwerke geschaffen, waren Flachkunst und Rundplastik von so geringer Qualität. Und dennoch ist auch in dieser Epoche die Kunst Spiegelbild für den Zeitgeist, für das politische Selbstverständnis des Königshauses ebenso wie für die intellektuelle Oberschicht. Hierfür entscheidend ist die Erfahrung einer ersten Fremdherrschaft der asiatischen Hyksos, die von ihrer Hauptstadt Auaris im Ostdelta aus den Großteil Ägyptens beherrschten. 

Kalkstein 
Aphroditopolis (Atfih) 
H. 29,8 cm, Br. 16,5 cm, T. 21,0 cm 
Zweite Zwischenzeit, um 1700 v. Chr. 
ÄS 7903

(Das Objekt ist im Raum „Kunst und Zeit“ ausgestellt.)

Cheti wird auch mit einem Vortrag gewürdigt.
Die Termine: 26. Juli, 23. August, 27. September
jeweils 11.00 Uhr