01.04.2012
Objekt des Monats April ’12: Eine Nun-Schale
Die Münchner Schale ist mit ihrem Durchmesser von 32 Zentimetern eine der größten ihrer Art.
Im Inneren der Schale gruppieren sich um das Mittelmotiv eines quadratischen Teiches abwechselnd Lotosblüten und Papyrusdolden, zwischen denen Knospen angeordnet sind. Eine vierblättrige stilisierte Blüte, deren Blütenblätter jeweils auf die Ecken ausgerichtet sind, findet sich im Inneren des Teiches; dazwischen ist eine gegenständig angeordnete Form zu finden, die an die Wiedergabe von Palmstämmen erinnert, die normalerweise am Teichrand abgebildet sind. Mitten in die Pflanzenstengel hineingestellt steht auf zwei Seiten des Teiches eine schlanke, langbeinige Kuh: Die Sonnenscheibe zwischen den Hörnern identifiziert sie als Erscheinungsform der Göttin Hathor. Deren Emblem steht auf den anderen beiden Seiten des Teiches: das Sistrum, Rasselinstrument und Kultsymbol der Göttin. Zu erkennen ist die charakteristische Frisur der Göttin mit eingedrehten Locken, zu ergänzen ist das Frauengesicht mit Kuhohren. Der flache Standfuß bildet den Mittelpunkt einer Lotosblüte, mit der die Außenwandung verziert ist, wodurch die ganze Schale zur riesigen Lotosblüte wird.
Nach Material und Dekoration gehört diese Schale zur Objektgruppe der sogenannten Nun-Schalen, die charakteristisch ist für die 18. Dynastie. Der Name bezieht sich auf die zentrale Darstellung des Teiches, der interpretiert wird als der Urozean Nun, das Urgewässer vom Beginn der Schöpfung, aus dem alles Leben entsteht und aus dem sich jeden Morgen von Neuem der Sonnengott erhebt. Der Lotos mit seinen Blüten, die sich abends in der Dämmerung schließen, um sich am Morgen bei Sonnenaufgang erneut zu öffnen, ist das Symbol des Sonnengottes. Hinzu tritt die Himmelsgöttin Hathor in Gestalt einer Kuh; sie trägt die Sonnenscheibe zwischen ihren Hörnern, und ihr geflecktes Fell gibt den Sternenhimmel wieder. Damit sind Hathor und der Lotos auch Symbole des ewigen Kreislauf des Lebens und stehen für Wiedergeburt und Auferstehung.
Die Münchner Schale ist mit ihrem Durchmesser von 32 Zentimetern eine der größten ihrer Art.