30.12.2021

Neujahrsgrüße

Eine hellgrüne, linsenförmige Flasche mit einem dünnen Ausguss, zwei Henkeln in Gestalt von Pavianen. Auf dem Gefäßkörper ist ein brüllender Löwe in dunklen Linien eingeritzt© SMÄK, M. Franke

Das linsenförmige Gefäß verfügt über einen schlanken, mittig aufgesetzten Hals, dessen Lippe in Gestalt einer Papyrusdolde ausgebildet ist. Zu beiden Seiten des Halses hocken oben auf der Gefäßschulter zwei kleine, plastisch ausgeformte Äffchen. Sie lehnen sich mit ihrem Rücken gegen die Ausgusstülle und knabbern an einer Frucht, die sie mit den beiden Vorderpfoten zum Mund führen.

Um die Gefäßschulter ist auf beiden Seiten als Ritzdekor eine Art Schmuckkragen gelegt, der aus stilisierten Perlen besteht. Auf der Vorderseite ist zusätzlich ein nach rechts schreitender Löwe dargestellt. Sein aufgerissenes Maul könnte ein Kriterium für die Datierung des Gefäßes in die 27. Dynastie, die sogenannte Perserzeit sein, da dieser Typus charakteristisch für diese Epoche der Fremdherrschaft ist.

Gefäße dieser Form waren seit dem Neuen Reich als Geschenk zum Jahresbeginn beliebt, daher ihre Bezeichnung „Neujahrsflasche“. Aus ihnen entwickelt sich in der Spätzeit der Typ der Pilgerflasche.

Die Funktion dieses Gefäßes wird bestätigt durch zwei kurze Inschriften, die auf den Schmalseiten unterhalb der Tiere ansetzen. Auf der einen Seite heißt es: „Amun möge öffnen ein gutes Jahr für ihren Herrn (Besitzer)“, und auf der anderen Seite ist zu lesen „Schu mögen öffnen ein gutes Jahr für ihren Herrn“. Zwei Götter überbringen also gute Wünschen zum Neujahrsfest, und die beiden Äffchen können auch in diesem Zusammenhang erklärt werden: Es sind Meerkatzen, die als Haustiere in vornehmen ägyptischen Haushalten lebten und als Glücksbringer angesehen wurden.

Am Hals einer grünen Neujahrsflasche sitzt ein kleiner Affe© SMÄK, M. Franke

Fayence
Spätzeit, 6.-4. Jh. v. Chr.
München ÄS 2922
(Ausgestellt im Raum „Schrift und Text“)