03.05.2023

Krokodilshöhle

Opferplatte aus Keramik mit Krokodil und Opfergaben© SMAEK, Marianne Franke

Auf einer annähernd dreieckigen Grundplatte sind die Seiten zu einer Art Hof hochgezogen, wobei die Wände von vorn nach hinten zu einer nischenartigen Höhle zusammenlaufen. Diese öffnet sich in einer kurzen Röhre. Die Vorderseite zeigt ebenfalls in der Mitte eine Art Ausgusstülle. Die Fläche des Hofes wird durch vier (heute abgebrochene) Säulen in einen offenen vorderen Teil und einen engen höhlenartigen Raum hinten im Verhältnis 2:1 aufgeteilt. Hinter der Säulenbarriere hockt ein Krokodil, das in kräftigem Hochrelief modelliert ist. Querkerben auf dem Rücken deuten die Panzerung an, die kugeligen Augen sind plastisch aufgesetzt. Durch die abwechselnde Stellung der Beine wird eine Vorwärtsbewegung wiedergegeben, die zusammen mit der langen Schnauze auf die Aggressivität und Gefährlichkeit des Tieres verweist. Im Hof vor den Säulen, die nun als Gatter erklärt werden können, sind flüchtig gearbeitete, plastisch aufgesetzte Opfergaben zu erkennen: links ein kreisrundes Brot, in der Mitte zwei querliegende Rinderschenkel.

Dieses Stück steht zwischen zwei typischen Objektgruppen des Mittleren Reiches: einerseits den Opferplatten und andererseits den (Haus-)Modellen, beide gleichfalls aus Ton. Es ist das Modell eines schlichten Heiligtums für eine Krokodilgottheit. Dessen heiliges Tier wird in einem käfigartigen Verschlag gehalten, durch dessen Gitterstäbe die Opfergaben – sein Futter – geschoben werden konnten. Funktional handelt es sich um eine Opferplatte zum Darbringen einer Wasserspende, worauf der Einfüllstutzen hinten und die Ausgusstülle vorne hinweisen. Vermutlich liegt in diesem Objekt ein Requisit volkstümlicher Praktiken zur Verehrung und Besänftigung gefährlicher göttlicher Mächte vor. Möglicherweise ist von der Oase Fayum als seinem Herkunftsort auszugehen: Im Mittleren Reich von Amenemhet III. als landwirtschaftliche Nutzfläche erschlossen, wurde dort eine mächtige Krokodilsgottheit verehrt.

Gebrannter Ton
H. 9,1 cm, Br. 20,2 cm, T. 26,0 cm
Mittleres Reich, frühes 2. Jtsd. v. Chr.
ÄS 6796
(ausgestellt im Raum „Religion“)