Naga – Die verschüttete Königsstadt

12.05.–22.10.2023

Mit Augen und Ohren: Eine archäologische Reise in den Sudan

Die immersive Sonderschau holt die Überreste einer einst prachtvollen Tempelstadt des antiken Reiches von Meroë (350 v. Chr. bis 350 n. Chr.) ans Licht und nimmt ihre Besuchenden mit zu Grabungsarbeiten in die sudanesische Wüste. Dort forscht ein Münchner Team seit 2013 an einer außergewöhnlichen Entdeckung: Als Subresidenz der Königinnen und Könige von Meroë war Naga eine strategisch bedeutsame Stadt und allein ihr Zentrum gut einen Quadratkilometer groß. Mit neuen Erkenntnissen über eine 1800 Jahre im Sand verborgene Kultur, innovativen Technologien und einem nachhaltigen Restaurierungskonzept setzt das Naga-Projekt Maßstäbe in der modernen Archäologie.

Über digitales Storytelling und dreidimensionale Soundscapes gewährt die Sonderausstellung tiefe Einblicke in die Forschungsarbeit vor Ort und kombiniert analoge Ausstellungselemente mit Klanglandschaften, die die Besuchenden über Bewegung selbst auslösen. Eine sinnliche Reise in die Vergangenheit für das Museumserlebnis von morgen.

#NagaDVK #projekt_naga #smaek_muc

Zum Pressetext

Plakat der Sonderausstellung "Naga"© SMÄK

Eintritt

Erwachsene € 8,–
Ermäßigt € 5,–
Kinder bis 18 Jahre frei

Öffnungszeiten

Di 10-20 Uhr
Mi-So 10-18 Uhr

Besuchende in der Ausstellung vor einem Fotopanporama© SMÄK; Foto Roy Hessing

Gestaltung
DIE WERFT Raißle & Sieber PartG mbB
Christian Raißle
Franziska Edelmann

Alexandra von Poschinger

Mark Polscher

Projektförderung

Das Ausstellungsprojekt wurde finanziell gefördert im Rahmen des Programms
kultur.digital.vermittlung des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst
sowie vom Freundeskreis des Ägyptischen Museums München e.V.

Die Restaurierungsarbeiten in Naga werden gefördert im Rahmen des Programms
Kulturerhalt des Auswärtigen Amtes der Bundesrepublik Deutschland
.

Seit 10 Jahren wird das archäologische Forschungsprojekt in der antiken Stadt Naga im heutigen Sudan vom Münchner Museum geleitet. Seither berichtet das Team bei Führungen, in Vorträgen und zu besonderen Informationstagen über seine Arbeit vor Ort. Die Funde und wissenschaftlichen Erkenntnisse werden publiziert und auf Fachkongressen vorgestellt. Eine erste Ausstellung über Naga und seine Schätze fand im Jahr 2011 statt.

Den Zauber, der von diesem wunderbaren Ort ausgeht, kann allerdings nur derjenige wirklich nachempfinden, der den Ort bereist. Die aktuelle Sonderausstellung des Ägyptischen Museums nähert sich dem auf neuen Wegen, indem sie die Besuchenden mittels Fotopanoramen und moderner Technik mit zu den Ausgrabungen in die sudanesische Wüste nimmt.

Eingangstor und Widderallee des Amuntempels in der antiken Stadt Naga© SMÄK / Die Werft, Christian Raißle
Amuntempel von Naga

Die Sonderschau holt die Überreste der prachtvollen Tempelstadt Naga, eine der komplexesten archäologischen Anlagen des antiken Reiches von Meroe (350 v. Chr. bis 350 n. Chr.) ans Licht. Als Subresidenz der Königinnen und Könige von Meroe war Naga von Afrika aus betrachtet das Tor nach Ägypten, zu den Ptolemäern und nach Rom.

Blick vom Berg auf die antike Stadt Naga© SMÄK / Die Werft, Christian Raißle
Blick vom Gebel Naga auf das Antikenareal

Die für antike Siedlungen ungewöhnliche Lage fernab des Nils stellte sowohl in der Antike als auch für die moderne Forschung besondere Herausforderungen dar. Drei Tempel haben die Jahrtausende überdauert. Dutzende weitere Gebäude, verborgen in großen Ruinenhügeln, warten ebenso auf ihre Ausgrabung, wie ausgedehnte Nekropolen mit Hunderten von Gräbern.

Sudanesische Mitarbeiter des Grabungsprojektes in Naga rasten im Schatten eines Baumes© SMÄK / Die Werft, Christian Raißle
Mittagspause der sudanesischen Grabungsmitarbeiter

Die bisher entdeckten Überreste mit afrikanischen, ägyptischen und hellenistischen Einflüssen machen Naga zum Zeugnis einer Kulturbrücke zwischen Afrika und der Mittelmeerwelt. Nach seiner Blütezeit von 250 v. Chr. bis 250 n. Chr. blieb Naga unberührt, lag gut geschützt im Wüstensand verborgen und bietet damit beste Voraussetzungen für archäologische Feldforschung. So bringt das Münchner Grabungsteam nicht nur die Relikte einstiger Tempelbauten, Verwaltungsgebäude und Paläste aus dem 1. Jh. n. Chr. zum Vorschein, sondern gewinnt dank innovativer Technologien und eines nachhaltigen Restaurierungskonzepts auch Erkenntnisse, die in der modernen Archäologie neue Maßstäbe setzen.

Das Naga-Projekt liefert gewichtige Argumente für eine neue Betrachtung des antiken Sudan, welche die Autonomie seiner Kultur und Geschichte betont. Im Jahr 2011 hat die UNESCO die gut einen Quadratkilometer große Königsstadt Naga in ihre Welterbeliste aufgenommen und unterstützt damit die Menschen im Sudan, Selbstbewusstsein für die eigene Geschichte aufzubauen.

Die Präsentation „Naga. Die verschüttete Königsstadt“ vermittelt den Grabungsalltag des Forschungsteams: Was muss für eine Kampagne vorbereitet werden? Wie lebt und versorgt sich das Team in der sudanesischen Steppe, in welcher Beziehung steht es zu den heutigen Bewohnern und mit welchen Methoden kommt es den Geheimnissen der Vergangenheit auf die Spur?

Banner der Sonderausstellung© SMÄK / Die Werft

Aktuelle Situation im Sudan

Im Sudan kämpfen derzeit Armee und Paramilitärs um die Macht. Die Zivilbevölkerung leidet. Die Eskalation der Gewalt ist eine humanitäre Katastrophe und ein schwerer Rückschlag für die Demokratiebewegung im Sudan.

Die Situation beeinflusst auch das archäologische Projekt, das wir hier vorstellen. In der Hoffnung auf ein Ende der Kampfhandlungen zeigen wir die Ausstellung unverändert und den Ort Naga so, wie wir ihn in all den Jahren kennenlernen durften.

Wir hoffen auf Frieden und darauf gemeinsam mit unseren sudanesischen Freunden und Mitarbeitenden die Erforschung des antiken Sudan und den Erhalt der Welterbestätte Naga fortsetzen zu können.

Derzeit ruht die Grabung des SMÄK nach Abschluss der Frühjahrskampagne planmäßig. Alle Mitarbeitenden des SMÄK konnten den Sudan sicher und wohlbehalten verlassen.

Test für künftige Vermittlungskonzepte im Museum

Mit dieser Ausstellung betritt das Museum auf Neuland. Das Eintauchen in die Landschaft gelingt durch den Einsatz digitaler Mittel und innovativer Technik. Akustische Welten werden durch präzise Ortung im Ausstellungsraum interaktiv begehbar und verbinden so Mensch und Raum über den Klang. Kern des Ausstellungskonzepts ist ein akustisches 360° Audio-Erlebnis, das ortsbezogene Klangquellen auf mehreren Ebenen kombiniert. Eine eigene Komposition bildet die Grundlage für das Naga-Hörerlebnis. Je nach Fotopanorama kommen hierzu die vor Ort aufgenommene Geräusche hinzu, vom leisen Flüstern des Wüstenwindes über das abendliche Zirpen der Grillen bis hin zum Surren des für die archäologische Dokumentationsarbeit eingesetzten Streifenlichtscanners oder dem Tuckern des Dieselgenerators für die Stromerzeugung.

Ergänzt wird dies durch die textliche Erläuterungen, die die Grabungsarbeiten in der Steppe erzählerisch begleiten und kommentieren. Das Publikum kann sich diese selbst erschließen, sich „forschend“ durch die Ausstellung bewegen und die verschiedenen Informationen erkunden. Besuchende bestimmen durch ihre Position, welchen virtuellen Klangraum sie betreten und der Klang selbst wird zum Teil der Szenografie. Der Ausstellungsbesuch wird so zu einem immersiven Erlebnis. Die Präsentation berührt das Publikum direkt, durchbricht die visuelle Realität und macht den Zauber des Ortes erfahrbar. Das Projekt setzt damit eine innovative Vermittlungstechnologie in einer Pilotanwendung um und erprobt sie für den zukünftigen Einsatz in Sonder- oder Dauerausstellungen.

Computergenerierte Ansicht der geplanten Ausstellung© Die Werft

Computergenerierte Ansicht der geplanten Ausstellung© Die Werft

Besuchende in der Ausstellung vor einem Fotopanporama© SMÄK; Foto Roy Hessing
Besuchende der Ausstellung in den begehbaren Fotopanoramen

© SMÄK; Foto Roy Hessing

#kultur.digital.vermittlung

Ermöglicht wurde das Projekt durch die Förderung von kultur.digital.vermittlung des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst. Das Programm wurde aufgesetzt, um staatliche Kulturinstitutionen gezielt bei der Umsetzung innovativer Projekte im Rahmen der Entwicklung einer digitalen Strategie zu unterstützen. Es bietet den geförderten Institutionen die Möglichkeit, mit digitalen Inhalten zu experimentieren und vor allem digitale und analoge Angebote zukunftsweisend und nutzerorientiert zusammenzuführen.

Seit Eröffnung des Museumsneubaus im Jahr 2013 setzt das Haus auf den Einsatz digitaler Inhalte, erschließt seine Dauerausstellung mit MedienGuides und Medienstationen und ist mit Website, Newsletter, Social-Media-Kanälen, und diversen digitalen Angeboten aktiv. Das SMÄK gestaltet den digitalen Wandel aktiv, nutzt technologische Entwicklungen für Kernaufgaben und verstehen das digitale Angebot als ideelle Wertschöpfung für alle Besuchergruppen. Der Einsatz innovativer Technologie soll auch neues Publikum erschließen.

Die Entstehung der Ausstellung

Projektskizzen sind das eine, die praktische Umsetzung bringt oft ganz neue Herausforderungen mit sich. Nach der Förderzusage für das Projekt im Juni 2021 begann die Detailplanung mit Entwürfen für das Storyboard, Festlegungen für die gestalterische Konzeption, Auswahl der Themen und Standorte für die Panorama-Aufnahmen und vieles mehr. Die Planung sah vor, einen Fotografen und einen Tontechniker mit nach Naga zu nehmen und das Rohmaterial für die Ausstellung begleitend zu einer Grabungskampagne aufzunehmen. Dieser Einsatz musste aufgrund der Reisebeschränkungen durch die Corona-Pandemie und wegen des Militärputsches im Sudan im Oktober 2021 verschoben werden. Die veränderte Lage vor Ort erforderte eine neue Strategie: Das Grabungsteam und die beteiligten Ausstellungsgestalter sollten das Bild- und Tonmaterial selbst erstellen.

© SMÄK
Bild- und Tonaufnahmen in Naga

Es folgten Tests, Auswahl und Beschaffung der benötigten Utensilien, der Kameras, von Spezialausrüstung, Audioaufnahmegeräte sowie Workshops und Schulungen der Projektbeteiligten im Umgang mit dieser Technik. Der Einsatz in Naga konnte dann im Februar 2022 erfolgreich nachgeholt werden. Das entstandene Fotomaterial wurde anschließend von einem professionellen Fotografen aufbereitet und für die Ausstellung arrangiert. Die Tonaufnahmen aus dem Sudan dienten als Grundlage für eine eigene Klangkomposition genutzt.

Blick in den Sonderausstellungsraum des Museums beim Aufbau der Naga-Panoramen© SMÄK
Ausstellungsaufbau

Technisch anspruchsvoll ist auch die Ortung innerhalb der Sonderschau. Die eingesetzte Ultra-Breitband-Ortung (kurz UWB-Ortung für engl. Ultra-Wideband), die bisher vor allem in der Industrie und dort sowohl für Kommunikations- als auch für Ortungszwecke eingesetzt wurde, ermöglicht eine zentimetergenaue Lokalisierung der Besuchenden im Raum und macht allein schon das Erkunden der Klangwelten innerhalb der Ausstellung zu einem Erlebnis. Nach dem Druck der beeindruckenden Fotopanoramen und dem Ausstellungsbau wurde vor allem an der Positionierung der professionell eingesprochenen Texte in der Ausstellung gefeilt. Was funktioniert für die Besuchenden? Welche Textebenen werden an welchen Positionen ausgelöst? Was fördert eine intuitive Erkundung der Klanglandschaft, was könnte eher verwirren? Herausgekommen ist ein stimmiges Gesamtkonzept, das geeignet ist, das Publikum für die Dauer des Ausstellungsbesuches tatsächlich mit zu den Grabungsarbeiten nach Naga zu nehmen.

Projektbeteiligte

Staatliches Museum Ägyptischer Kunst / Naga-Projekt

Dr. Arnulf Schlüter
Christian Perzlmeier, M.A.

Gestaltung

DIE WERFT Raißle & Sieber PartG mbB
Christian Raißle
Franziska Edelmann

Alexandra von Poschinger

Mark Polscher

Sprechstimmen

Marlen Reichert
Florian Schrei

Ausführende Firmen

usomo / FRAMED immersive projects GmbH & Co. KG
Descor POS Design GmbH
Claus Rammel Fotografie
ReBreak Studio
Saurus GmbH
TrigonArt Ingenieurbüro Thomas Bauer
Atelier Reinstadler
ferrum & form e.k.
P.medien GmbH

Weitere Informationen zum Naga-Projekt unter:

Titelbild zum Vortrag "Naga"© SMÄK