Himmelsaufstieg und Höllenfahrt

Das altägyptische Totenbuch

25.09.2004–20.02.2005

Neben Pyramide und Sphinx, Tutanchamun und Nofretete prägt das Totenbuch das Bild eines geheimnisvollen Ägypten und findet bei Ägyptenfreunden ebenso breites Interesse wie bei Anhängern der Esoterik. Auf lange Papyrusrollen und Mumienbinden geschrieben, handelt das Totenbuch in Text und Bild von der Verklärung des sterblichen Menschen zu einem unsterblichen, gottähnlichen Wesen, vom Leben nach dem Tod, von ewiger Verdamnis und vom Paradies.

Diese Ausstellung betritt Neuland: Zum ersten Mal stehen die Papyri im Mittelpunkt und bilden nicht nur den schmückenden, aber letztlich unverständlichen Hintergrund einer Präsentation von Grabbeigaben. Sie wurden aus den reichen Beständen der Papyrussammlung des Ägyptischen Museums Berlin – ergänzt um Münchner Bestände – ausgewählt; zu einem nicht unbeträchtlichen Teil waren sie noch nie öffentlich ausgestellt.

25 illustrierte Totenbücher mit einer Gesamtlänge von rund 50 Metern sind in der Ausstellung zu sehen, die beiden ausführlichsten Exemplare weisen eine Länge von etwa 11 bzw. 8 Metern auf. Särge und Grabreliefs, Mumienporträts und Stuckmasken sowie Grabbeigaben wie Uschebtis, Kanopen und Amulette sind in einen direkten Dialog zu den Totenbüchern gestellt – insgesamt rund 150 Objekte und Ensembles.

Eine ausführliche Audioführung erschließt den Inhalt der Texte und die sprachliche Schönheit dieser religiösen Dichtungen. Der Besucher kann aus einer Gesamtdauer von rund drei Stunden Hörtexten auswählen, für Kinder steht eine eigene Version zur Verfügung.

Ausstellungsort:
Ägyptisches Museum in der Residenz,
80539 München, Hofgartenstraße 1

Plakat der Ausstellung Himmelsaufstieg und Höllenfahrt
Plakat der Ausstellung Himmelsaufstieg und Höllenfahrt

Zum ägyptischen Totenbuch

In Berlin veröffentlichte Richard Lepsius im Jahr 1842 Das Todtenbuch der Aegypter und gab damit einem der Hauptwerke der religiösen Literatur der alten Ägypter seinen heute noch gebräuchlichen Namen Totenbuch. Die Ägypter selbst nannten diese Sammlung von Jenseitstexten „Das Buch vom Herausgehen am Tage“. Auch die Numerierung der Spruchfolge geht auf Lepsius zurück; die Gliederung in einzelne Kapitel mit der jeweiligen Überschrift ist hingegen altägyptische Tradition. Dabei wurden die Texte und Bilder für den individuellen Bedarf immer wieder neu zusammengestellt.

Die Vorläufer der bisher bekannt über 200 Totenbuchsprüchen sind die Pyramidentexte des Alten Reiches und die Sargtexte des Mittleren Reiches, in der Ausstellung ebenfalls beispielhaft gezeigt. Um 1700 v. Chr. sind dann die Totenbuch-Sprüche erstmals auf Särgen belegt und werden wenig später auf Mumienbinden geschrieben. Schon bald verwendet man Papyri für ihre Niederschrift und versieht sie mit Bildern, den Vignetten. Zusammengerollt liegen die Papyri neben der Mumie im Sarg oder stecken in ausgehöhlten Götterfiguren, die im Grab aufgestellt sind.

Texte und Bilder der Totenbücher gewähren einen anschaulichen Einblick in die unsichtbare Welt des Jenseits. Sie schildern die Regionen der Unterwelt und geben die nötigen Informationen, um das Totenreich zu erreichen und unbeschadet zu durchwandern. Zielpunkt ist zunächst das Totengericht, das in allen Handschriften detailliert dargestellt und beschrieben ist. Es folgt das Gefilde der Seligen als paradiesischer Endpunkt der Jenseitsreise. Dort werden die Verstorbenen zu gottähnlichen, unsterblichen Wesen.

Die Kenntnis der Sprüche und Bilder des Totenbuchs ist für den Ägypter die Gewähr für das ewige Leben. Inhaltlich hat sich die Tradition des Totenbuchs 2000 Jahre lang nur wenig verändert; stilistisch spiegeln die Bilder der Totenbücher die Entwicklung der ägyptischen Kunst vom Neuen Reich bis in die Römerzeit. Mit der Dritten Zwischenzeit (ab ca. 1100 v.Chr.) lösen die Illustrationen zu den Texten die Bilder an den Grabwänden ab und es entwickelt sich eine eigenständige Buchmalerei, die bislang wissenschaftlich noch nicht erschlossen ist. In ihrer Qualität steht sie gleichrangig neben den illustrierten Handschriften der Spätantike und den Miniaturen des Mittelalters, quantitativ übertrifft sie diese Gattungen bei weitem