31.07.2023
Lehre des Hordjedef
Objekt des Monats August 2023
Die leider nur zu einem kleinen Teil erhaltene Lehre des Prinzen Hordjedef ist das älteste Literaturwerk Ägyptens. Er war ein Sohn des Königs Cheops aus der 4. Dynastie (um 2530 v. Chr.), der allerdings nicht selbst König geworden ist. Seine Lehre, die in späterer Zeit oft genannt und zitiert wird, hat sich in Abschriften aus der Ramessidenzeit erhalten, die aus dem Unterricht in den Schreiberschulen jener Zeit stammen. Als billiges Schreibmaterial dienten Scherben (griechisch Ostraka) aus Ton oder Kalksteinsplitter, die für Übungen verwendet und für Kurzmitteilungen, Abrechnungen u.ä. benutzt wurden. Auch Künstler verwendeten sie für Entwurfsskizzen von Reliefs oder Malereien.
Die Lebenslehren gehören zu den bedeutendsten Literaturwerken Altägyptens. Sie enthalten als Quintessenz einer lebenslangen Erfahrung Verhaltensregeln nicht nur für ein erfolgreiches, sondern vor allem auch ethisches und sozial gerechtes Leben. Sie werden stets in der literarischen Fiktion vom Vater an den ältesten Sohn weitergegeben. Als Verfasser der Lebenslehren werden der König, Angehörige des Hofes und hohe Beamte genannt.
Zentrales Thema der erhaltenen Passagen der Lehre des Hordjedef ist die Vorsorge für das eigene Grab und die Totenstiftung als ein für die Sozialstruktur des Alten Reiches grundlegendes Problem.
„Gibt es jemanden wie Hordjedef?“
Mit diesen Worten wird der Königssohn in einem späteren Papyrus des Neuen Reiches als Klassiker der altägyptischen Literatur gepriesen.
Anfang der Lehre, die der Fürst und Graf,
der Königssohn Hordjedef, verfasst hat für seinen Sohn namens Autibre, den er großgezogen hat.
Er spricht: (…)
„Wenn du dich selbst ernähren kannst
und einen Hausstand gründest,
dann heirate eine tüchtige Frau;
dann wird dir ein Sohn geboren werden.
Wenn du dann ein Haus baust,
so ist es für deinen Sohn,
und auch dir ist damit ein Ort geschaffen,
an dem du bleiben kannst.
Statte dein Grab gut aus
und richte deinen Platz im Westen wirkkräftig her.
Beherzige: Gering gilt uns der Tod –
beherzige: Hoch steht uns das Leben -,
aber das Grab gilt seither dem Leben! (…)
Ernenne dir für die Opfergaben einen Aufseher
und einen Totenpriester für das Grab,
damit er dir Trankspenden darbringe,
wie jeder, der sein Testament macht.
Wähle für ihn eine Parzelle aus deinen Feldern aus,
die jedes Jahr überflutet wird.
Das wird dir nützlicher sein als ein leiblicher Sohn;
Fördere ihn mehr als deinen Erben.
Denk an das, was man sagt: Es gibt keinen Erben,
der sich bis in alle Ewigkeit erinnert.“
Kalkstein
Deir el-Medineh
H. 13 cm, B. 25 cm, T. 2,5 cm
Neues Reich, 20. Dynastie, 1200-1100 v. Chr.
ÄS 3400
(Ausgestellt im Raum „Schrift und Text“)