Museumskonzept

Systematik der Erschließung der Objekte

Getreu dem museumspädagogischen Grundsatz „Für alle Besucher etwas, aber nicht unbedingt Alles für Jeden“ gibt es verschiedene Angebote für den Besucher, sich die Objekte zu erschließen. Neben den klassischen Beschriftungen, die einer strikt eingehaltenen Systematik von Raumtitel und Raumtext, Sequenz- bzw. Vitrinentexten und schließlich auf der untersten Ebene den Objektbeschriftungen folgen, werden diese schriftlichen Informationen durch die Inhalte von Medienstationen und MedienGuide ergänzt, die ihrerseits die Besucher allgemein sowie bestimmte Zielgruppen ansprechen.

Grafik zur Vermittlung im Museum© Die Werft

Beschriftungen

Der Bezeichnung des Raumes folgt ein Text (links), der das Wesentliche des jeweiligen Themas beschreibt. Die nächste Ebene bilden die Sequenztexte (Mitte), die die Objekte einer Vitrine oder einer Objektgruppe erläutern. In Ergänzung dazu stehen die Objektbeschriftungen, die die technischen Daten – Benennung, Herkunft, Material, Datierung und Inventarnummer – jeden Stückes enthalten. Bei den einzeln präsentierten Objekten ist das quadratische Schild in den Sockel eingelassen, in den Vitrinen sind die rechteckigen Objektschilder zu Leisten zusammengefasst (rechts).

Verschiedene Beschriftungen im Museum© SMÄK, Marianne Franke

Sämtliche Schilder sind aus Tombak, einer Messinglegierung; dieses Material wird auch für die Bodenleitlinie, die Abdeckung des Kassentresens und das Gehäuse der Medienstationen verwendet – also überall dort, wo es im weitesten Sinne um Information geht. Die Beschriftung ist durchgängig zweisprachig (deutsch/englisch); die Texte weisen eine annähernd gleiche Länge auf (Raumtext ca. 1000 Zeichen, Sequenztexte 300/500/1000 Zeichen) und sind durchgehend von einer einzigen Autorin verfasst – was einigen Besuchern durchaus auffällt und positiv bewertet wird

MedienGuide

Nähere Informationen zu den einzelnen Objekten oder zu Objektgruppen bietet ein MedienGuide in Gestalt eines Tablets, das jedem Besucher an der Kasse angeboten wird. Er kann wählen zwischen einem freien Rundgang, bei dem er Informationen zu über 200 Objekten aufrufen kann, oder einer Führung mit verschiedenen Themen, etwa zu den Highlights des Museums. Beides gibt es auch in einer Version für Kinder und in englischer Sprache. Darüber hinaus gibt es eine spezielle Führung für Jugendliche (ab etwa 12 Jahren), die gemeinsam mit einer Schulklasse in diesem Alter erarbeitet wurde („user generated content“). Eine spezielle Führung für gehörlose Besucher (mit Gebärdendolmetscher) kann ebenso ausgewählt werden wie eine für Blinde oder Sehbehinderte; das Angebot wird kontinuierlich ausgebaut.

Die einzelnen Module zu den Objekten oder gelegentlich auch Objektgruppen lassen sich in verschiedene Typen einteilen: Zum einen gibt es die klassischen Audio-Module, oft mit einer ergänzenden Vertiefungsebene und häufig mit einer Lesung altägyptischer Originaltexte, denen eine eigens dafür komponierte Musik unterlegt ist – ein durchaus eindrucksvolles Klangerlebnis! Daneben gibt es die visuellen Module, die ein kurzes Video oder eine Bildfolge mit Erklärungen („Slide-Show“) zeigen, die etwa die Verwendung eines Objektes veranschaulichen, die Ergänzung eines Fragmentes oder die Fundsituation in einem Grabungskontext wiedergeben. Interaktive Module zeigen komplexere Denkmäler: eine Stele, einen Sarg, das rekonstruierte Grab aus der Frühzeit – und zerlegen das Foto in mehrere kleine Bilder, die individuell per Touchscreen aufgerufen werden können. Auf diese Weise kann man sich alle Bilder und Texte eines kompletten Sarges oder einer Stele erklären lassen oder Informationen zu den einzelnen Grabbeigaben aufrufen.

Frau mit Medienguide vor einem Objekt© SMÄK, Marianne Franke

An Wochentagen ist die Benutzung des MedienGuides für Erwachsene im Eintrittspreis inbegriffen, an Sonntagen (reduzierter Eintritt 1.- Euro) kostet er 1.- Euro, ebenso für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahren, die dafür stets freien Eintritt haben. Die Akzeptanz ist ausgesprochen gut, jeder zweite Besucher geht mit einem Tablet durch das Museum, und viele Besucher kommen mehrfach, um sich eine andere Führung oder weitere Module anzuschauen oder anzuhören.

Bildschirm MedienGuide mit 3D-Modell Museum© SMÄK, Marianne Franke

Ortungssystem im Ägyptischen Museum

Mit der Eröffnung 2013 wurde ein System im Haus installiert, das eine seinerzeit ungewöhnliche Funktionalität enthielt, nämlich eine Indoor-Ortung durch ein System auf WLAN-Basis, wobei keine aktive Internetverbindung nötig ist, wie man beim Stichwort WLAN zunächst annehmen könnte. Eine Art „Landkarte“, auf der die Feldstärken der verbauten WLAN-Sender verzeichnet sind, ermöglicht es jedem der eingesetzten und angelernten Geräte, seine eigene Position im Raum auf wenige Schritte genau zu ermitteln und Inhalte im räumlichen Kontext bereit zu stellen. Da die Geräte ihre eigene Position berechnen und im System verbleiben, ist nur dem Nutzer die Position bekannt. Die Konzeption des Guides erfolgte vom Münchener Büro Die Werft, die Ortung wurde von der Fraunhofer-Gesellschaft entwickelt und wird unter dem Namen awiloc (R) vertrieben.
Dem Besucher wird auf dem Tablet in einer dreidimensionalen Darstellung der jeweilige Raum, in dem er sich gerade befindet, dargestellt (Bild links); mit einem Fähnchen sind all die Objekte markiert, zu denen Informationen verfügbar sind. Zur Auswahl muss er nur auf das gewünschte Objekt (=Fähnchen) tippen, das Gerät zeigt ihm auf der obersten Ebene zur Kontrolle zunächst ein Bild an, dann kann er das Video oder die Audioführung starten. Die Suche und Angabe mehrziffriger Nummern entfällt; auch können jederzeit neue Module aufgespielt werden, ohne dass alles neu nummeriert werden muss.

Medienstationen

Ergänzend zu den verschiedenen Texten und dem MedienGuide bieten Medienstationen in nahezu allen Räumen dem Besucher zusätzliche Informationen zum jeweiligen Thema. Sie sind – mit einer Ausnahme – so konstruiert, dass sie beim Betreten des Raumes zunächst gar nicht ins Auge fallen; erst beim Nähertreten erkennt der Besucher die horizontal angeordneten Bildschirme.
Der Grundtyp besteht aus vier Bildschirmen mit einer gemeinsamen graphischen Oberfläche, die es dem Besucher ermöglicht, per Touchscreen individuell Informationen aufzurufen. Je nach Größe können 1-6 Besucher gleichzeitig aktiv werden – und weitere zuschauen, da stets genügend Platz rund um die Stationen gegeben ist. Auch hier sind die Informationen in Deutsch und Englisch verfügbar; eine dritte Version in einfacher Sprache ist in Vorbereitung.

Menschen an einer Medienstation im Museum© SMÄK, Marianne Franke

Medienstation am Totenbuch im Raum Jenseitsglaube© SMÄK, Marianne Franke

Besonders viel Interesse fand von Anfang an die Medienstation zum Totenbuch, ebenfalls im Raum „Jenseitsglaube“. Sie besteht aus einer Art Schlitten mit Bildschirm direkt unter dem rund 8 Meter langen Papyrus, der vom Besucher frei bewegt werden kann, hin zu dem ihn interessierenden Detail. Über den Touchscreen kann er dann sowohl Informationen zu den einzelnen Darstellungen als auch die Übersetzung jeden einzelnen Spruches des Totenbuchs aufrufen.

Besonders aufwändig ist die Medienstation im Raum „Kunst-Handwerk“, die aus drei nebeneinander liegenden Einzelstationen besteht. Der mittlere Bildschirm liefert Informationen zum Thema „Herkunft“ der verschiedenen Materialien (über eine Landkarte), die beiden äußeren erklären einerseits die verschiedenen Herstellungstechniken, andererseits den Einsatz und damit die Verwendung der verschiedenen Materialien in den verschiedensten Bereichen der altägyptische Kultur. All diese Informationen sind entsprechend der Gliederung der Präsentation der Originale in den Vitrinen aufrufbar, also geordnet nach den Materialgruppen Ton, Fayence, Stein, Metall, Holz und andere organische Materialien.

Menschen an einer Medienstation im Museum© SMÄK, Marianne Franke

Blick in den Raum "Nubien und Sudan" mit Medienstation© SMÄK, Marianne Franke

Im Raum „Nubien und antiker Sudan“ ist die Medienstation zweigeteilt: An der eigentlichen Station ist eine Zeitleiste von 10 000 v. Chr. bis heute über einen manuell zu bedienenden Regler anwählbar, die jeweils zugehörige Karte wird über zwei Beamer an die dahinter liegende, leer gelassene Betonwand projiziert. Sie zeigt das Niltal von der Küste des Mittelmeers im Norden bis in die Gegend südlich von Khartum. Je nach Zeitstellen erscheinen eingeblendet die verschiedenen archäologischen Stätten sowie die Einflussbereiche der aufeinanderfolgenden nubischen Kulturen und ägyptischen Epochen. Kurze Texteinblendungen liefern dazu die grundsätzlichen Erläuterungen, weitere Informationen, geordnet nach Kunst, Architektur und Geschichte erscheinen dazu jeweils auf der Medienstation selbst.
Sämtlichen Stationen ist ein CMS (Content Management System) unterlegt, so dass die Informationen von Mitarbeitern des Museums selbst eingegeben, gepflegt und erweitert werden können.

Klanginstallation „The Pomegranate Tree“

Texte, MediaGuide und Medienstationen, sie alle ermöglichen eine intellektuelle Erschließung der Originalobjekte. Es war jedoch die Idee der Museumsleitung, auch eine emotionale Annäherung an Altägypten zu ermöglichen, um damit noch andere Zielgruppen für das Museum zu gewinnen. Dafür wurde der Münchner Komponist Mark Polscher beauftragt, ein Schüler von Karlheinz Stockhausen, der exklusiv für die Museumsräume eine permanente Klanginstallation schuf: „The Pomegranate Tree“. Elektronische Klänge und Geräusche aus dem noch leeren Museum selbst wurden bearbeitet und mit menschlichen Stimmen verbunden, die solistisch und chorisch altägyptische Texte (in Übersetzung) vortragen, die auf die in den jeweiligen Räumen ausgestellten Objekte Bezug nehmen.

Mark Polscher komponiert im Ausstellungsraum© Maayane Haussmann

© Mark Polscher

Diese Klangwanderung auf 64 Kanälen läuft über ebenso viele Lautsprecher und dauert 63 Minuten. Dabei hat das Werk zwei Ebenen: Eine erste Ebene klingt beständig in allen Räumen und interagiert mit einer zweiten Ebene, in die die Stimmen integriert sind. So wandern die Stimmen allmählich durch die Räume – und die Zuhörer mit ihnen. Diese Klangwanderung ist seit der Eröffnung jeden ersten Dienstag im Monat während der Abendöffnung zu hören – ein Klangerlebnis im Zusammenspiel mit Altägypten.